1žŤ˙0gllmnoSTANDARD.DFVNECP567FWS 1988/89, 12.1.1989 Seminar von Urs Fuhrer: Handeln in neuen Umwelten: Wirkungen und Optionen der Informationstechnologie Dritter Abschnitt: Computervermittelte Kommunikation Teil 1: Medieneffekte auf das Kommunikationsverhalten Um was geht es eigentlich in den folgenden Untersuchungen: Ursprngliches Ziel ist (war?) es, eine optimale Kommunikation zwischen Mensch und Computern zu erreichen. Nun unterscheidet sich zwar Kommunikation mit Computern von Kommunikation zwischen Menschen, aber um gute (interaktive) Mensch-Computer-Schnittstellen erstellen zu k”nnen, muss die Mensch-Mensch-Schnittstelle zuerst verstanden werden. Im Prinzip simuliert man also mit Menschen sehr hoch entwickelte Computer (!!). Dadurch kommt man auch auf folgende Fragen: -> Wie kommunizieren denn Menschen eigentlich miteinander? -> Wie wird die menschliche Kommunikation durch die verschiedenen (technischen) Medien beeinflusst? 1. CHAPANIS et al. (1972) (bersetzter Titel: Studien ber interaktive Kommunikation: der Effekt von vier Kommunikations-Modi auf das Verhalten von Gruppen bei kooperativem Probleml”sen) CHAPANIS erforschte verschiedene Kommunikationskan„le: direkte Kommunikation ("face-to-face"), nur mit Stimme, ber Handschrift und ber eine Schreibmaschine. Dabei wird davon ausgegangen, dass sp„ter sehr leistungsf„hige Computer entstehen werden, die die Handschrift und die gesprochene Sprache verstehen k”nnen. Da wir aber noch nicht so weit sind, werden diese Supercomputer vorl„ufig durch normale Menschen ersetzt. Konkret weurden Zweiergruppen bestimmte Aufgaben gestellt ("geographische-Orientierungs-Problem" und "Zusammenbastel-Problem") und eine Verhaltensanalyse des Probleml”sens gemacht (alle 5 Sekunden wurde das Verhalten in eine von 15 Verhaltenskategorien eingestuft, z.B. "Nur Senden", "Nur Empfangen", "Warten", usw.). Ergebnisse: - Gesamtzeit zum L”sen eines Problemes: nur die oralen Medien (direkte Kommunikation, Sprache) unterscheiden sich von den geschriebenen Medien (Handschrift, Schreibmaschine) - Verhaltensanalyse: es werden verschiedene Kategorien zusammengefasst und verglichen, aber es bleibt auf dem beschreibenden Niveau bzw. bringt noch nichts fr eine Theorie. 2. WILLIAMS (1975) (bersetzter Titel: Medium oder Botschaft: Einfluss des Kommunikations-Mediums auf die interpersonelle Bewertung) Hier ist der Blickwinkel etwas anders bzw. ein anderer Aspekt wird betont: wie wird denn eigentlich die interpersonelle Attraktion durch das Kommunikationsmedium beeinflusst? Dies hat nicht direkt mit der Erforschung der Mensch-Computer-Schnittstelle zu tun, sondern prim„r mit der "normalen" Mensch-Mensch-Schnittstelle. Daher wird auch nicht das Probleml”sen in den Vordergrund gestellt, sondern eine mehr oder weniger freie Diskussion. Nach dem Gespr„ch haben die Vpn die Aufgabe, die Diskussion und den Diskussionspartner zu beurteilen. Bald einmal wird klar, dass der nonverbalen Kommunikation bei der interpersonellen Attraktion eine wichtige Rolle zukommt. Da es nun schwierig ist, das (nonverbale) Verhalten von Verbndeten zu manipulieren, kam man darauf, das Medium, welches die Interagierenden verbindet, zu manipulieren. Alles in allem wurde die Hypothese best„tigt, dass das Kommunikationsmedium einen signifikanten Effekt auf die interpersonelle Beurteilung hat: wenn nonverbales Verhalten vom Medium bertragen werden kann (direkte Kommunikation, Bildtelefon, normales Telefon), dann wird der Kommunikationspartner positiver beurteilt. Probleme gab es dann bei der Auswertung, wenn man diejenige Aufgabe alleine betrachtet, bei welchen sich die Vpn ber eher pers”nliche Dinge unterhalten mussten: da hier das Bildtelefon pl”tzlich bessere Beurteilungen ergab als die direkte Kommunikation, welche ja mindesten alle nonverbalen Cues des Bildtelefones auch zu bertragen vermag, kam man auf eine post-hoc-Erkl„rung folgender Art: dabei werden zwei verschiedene frhere Modelle zusammengebaut: 1. das Intimit„ts-Gleichgewichts-Modell ("intimacy equilibrium") von ARGYLE und DEAN (1965), und 2. das Unmittelbarkeits-Modell ("immediacy") von MEHRABIAN (1971). Wichtig dabei ist nun, dass es auf die Art der Aufgabe ankommt, wieviel Intimit„t als angenehm betrachtet wird: je unmittelbarer das Medium ist, desto weniger intime Aufgaben sind erwnscht (so dass das Intimit„ts-Gleichgewicht noch stimmt!). D.h. bei allgemeinen Aufgaben (mit wenig pers”nlicher Beteiligung, wie z.B. eine freie Diskussion), wird die Beurteilung beim unmittelbarsten Medium (direkte Kommunikation) am besten. Bei Aufgaben aber, die eine sehr hohe Intimit„t verlangen, wird die Beurteilung bei dem am wenigsten unmittelbaren Medium (Telefon) m”glicherweise am besten. -> wenn man eine beste Bewertung des Kommunikationspartners (bzw. seiner selbst!) erreichen will, dann muss das Medium der Aufgabe angepasst sein! 3. WILLIAMS (1977) (bersetzter Titel: experimentelle Vergleiche von direkter Kommunikation und vermittelter Kommunikation: ein šberblick) Mittlerweilen gibt es schon etwa 30 Studien ber das Thema, wie menschliche Kommunikation durch den Gebrauch von Medien beeinflusst wird. Oft geht es dann darum, zu kl„ren, ob direkte Kommunikation durch irgendeine Art der Telekomunikation ersetzt werden kann, ohne gravierende Konsequenzen in Kauf nehmen zu mssen. Konkret stellt man sich oft sie Frage, ob die audiovisuelle Kommunikation (z.B. Bildtelefon) eine gngend gute Verbesserung des Telefones darstellt, um die Mehrkosten in Kauf zu nehmen, die bei der Installation anfallen. Das allerwichtigste Ergebnis aller bisherigen Untersuchungen ber den Einfluss des Kommunikationsmediums auf die Kommunikation ist wohl, dass der Einfluss des Kommunikationsmediums abh„ngt von der Art der gestellten Aufgabe: Geht es n„mlich um reines Probleml”sen mit objektiven L”sungen, z.B. rein kooperative Aufgaben, so treten fast keine Medieneffekte auf (ausser vielleicht der Unterschied zwischen den gesprochenen Medien und den geschriebenen). Der Grund k”nnte darin liegen, dass die sozialen Beziehungen und daher die nonverbale Kommunikation zwischen den Partnern bei dieser Art von Aufgaben keine Rolle spielt. Geht es aber um Aufgaben, die einen m”glichen Konflikt beinhalten, z.B. (simulierte) Verhandlungen, dann treten verschiedene (komplizierte) Medieneffekte auf. Zuerst einmal stellte man fest, dass je "reicher" das Medium ist, desto mehr der affektive Gehalt einer Botschaft betont wird. Mit anderen Worten: je formaler das Medium ist, desto weniger Bedeutung kommt dem zwischenmenschlichen Aspekt der Beziehung zu und desto mehr wird der "Zwei-Parteien-Aspekt" hervorgehoben. Im Prinzip k”nnte der Grund darin liegen, dass bei konfliktvollen Aufgaben die Beziehung zwischen den Teilnehmern eine wichtige Rolle spielt, da das Ausmass, mit welchem sich die Parteien m”gen, vertrauen, beeindrucken usw. einen grossen Einfluss auf das Ergebnis der gestellten Aufgabe hat. Wichtige Praktische Folgerungen gibt WILLIAMS zumindest deren zwei an: zuerst einmal, dass die Telekommunikation eine ansehnliche Zukunft hat, wenn es um Routine-Treffen geht, bei denen die Leute sich gegenseitig und ihre Aufgabe kennen, z.B. Informationsaustausch und Probleml”sen. Die zweite wichtige Folgerung ist, dass man die audio-visuellen Medien (wie Bildtelefon) wohl ziemlich bersch„tzt hat: audio-visuelle Medien scheinen eher dem normalen Telefon „hnlich zu sein als der direkten Kommunikation. Hier scheinen die Zukunftsaussichten fr das Bildtelefon nicht sehr rosig zu sein, in anbetracht der hohen Anschaffungs- und Unterhaltskosten. 4. Basistext: SHORT et al. (1976): The social psychology of telecommunications; Kapitel 4 (bersetzter Titel: Visuelle Kommunikation und soziale Interaktion) Dieses Kapitel fasst im wesentlichen die obige Literatur zusammen. Zuerst werden die einzelnen Elemente der visuellen Kommunikation betrachtet: die Funktion der nonverbalen Cues, die physikalische N„he, die physische Erscheinung, Gesichtssignale, die Blickrichtung. Dann wird die visuelle Kommunikation mit der verbalen verglichen (was bringt der visuelle Kanal noch zus„tzliches?), die Mehrkanal-Kommunikation allgemein beschrieben (kein Kanal ist redundant, sie interagieren). Zum Schluss wird festgestellt, dass Medienunterschiede vor allem bei denjenigen Aufgaben gravierende Folgen haben, bei denen der Ausdruck (und die Wahrnehmung ) von Emotionen ein wichtiger Teil der Interaktion ist, die Koordination zwischen den Kommunikationspartnern wichtig ist oder es wichtig ist, den Partner zu manipulieren. Es bleibt zu bemerken, dass WILLIAMS (1975) mit seiner Verschmelzung des Intimit„ts-Gleichgweichts-Modelles (ARGYLE und DEAN, 1965) mit dem Unmittelbarkeits-Modell (MEHRABIAN, 1971) schon bedeutend differenziertere Ergebnisse vorzuweisen hatte. 5. SHORT et al. (1976): The social psychology of telecommunications; Kapitel 5 (bersetzter Titel: Theoretische Zug„nge fr Medienunterschiede) Es werden drei Ans„tze aufgez„hlt, von denen vor allem der dritte weiterverfolgt wird: 1. Schlsselbegriff EFFIZIENZ: verschiedene Medien haben unterschiedliche Anzahl Kan„le. -> die fehlenden Kan„le bei gewissen Medien k”nnten ja auch st”rend sein! (fr bestimmte Arten von Aufgaben kann es zu viel pers”nlicher Kontakt geben) 2. Betonung auf NONVERBALE KOMMUNIKATION: nicht alle Medien k”nnen diese vollst„ndig bertragen. -> nonverbale Cues sind aber m”glicherweise redundant! (Kommunizierende „ndern ihr Verhalten bei Telekommunikation: Lernen und Sich-Anpassen ist m”glich!) -> nonverbale Cues bedeuten gar nicht in jedem Zusammenhang immer dasselbe! 3. SOZIALE PRŽSENZ: - als subjektive Qualit„t eines Mediums - als guter Diskriminator zwischen verschieden Medien - „ussert sich als Faktor in einem semantischen Differential mit folgenden Items: "sozial", "sensitiv", "pers”nlich", "menschlich", "heiss"(-kalt) - l„sst sich nahtlos in das "Intimit„ts-Modell" (ARGYLE und DEAN) und das "Unmittelbarkeits-Modell" (MEHRABIAN) einfgen: beim ersten als Faktor fr Intimit„t, beim zweiten als technische Unmittelbarkeit. Soziale Pr„senz unterscheidet vor allem zwischen visuellen und nicht-visuellen Medien, aber auch innerhalb der Nur-Audio-Medien. (Soziale Pr„senz hangt z.B. von der wahrgenommenen Entfernung zum Partner ab, von der Wirklichkeitstreue ("realness")). Wichtigstes Ergebnis: die Pr„destiniertheit eines Mediums fr eine bestimmte Interaktionsart hangt ab vom 1. Mass der sozialen Pr„senz des Mediums, und 2. Mass der sozialen Pr„senz, die von der Aufgabe verlangt wird 6. SHORT et al. (1976): The social psychology of telecommunications; Kapitel 8 (bersetzter Titel: Personwahrnehmung, interpersonelle Attraktion und Gruppenkoh„sion) Das Kommunikationsmedium hat einen Einfluss auf die Beurteilung einer Konversation und den Konversationspartner, und zwar ist eine deutliche Differenzierung sichtbar zwischen direkter Kommunikation und Audio-Systemen. Ebenfalls ist ein Unterschied bemerkbar zwischen direkter Kommunikation und Audio-Video-Systemen (Bildtelefon), jedoch weniger deutlich. Dabei ist es egal, ob man den Kommunikationspartner schon kennt oder nicht. Sehr wohl kommt es aber darauf an, welcher Art die Aufgabe ist, die zu l”sen ist. (siehe auch WILLIAMS, 1977). Am deutlichsten wird der Einfluss des Kommunikationsmediums auf die Personwahrnehmung bei Metaperzeptionen und Meta-Metaperzeptionen ("ich glaube, er denkt, ich sei..." und "Ich glaube, er denkt, ich denke von ihm, er sei..."). Bei der Personwahrnehmung geht es auch um die Genauigkeit ("accuracy"): obwohl das Kommunikationsmedium die Genauigkeit der Personwahrnehmung nicht zu beeinflussen scheint, glauben dies die Kommunikationspartner jedoch meistens. Telekommunikation kann auch einen Einfluss auf die Koalitionsbildung haben (wobei zumindest zu unterscheiden w„re, ob es sich um eine "2 gegen 1"- oder "2 gegen 2"-Situation handelt). Fragen: 1. Hattet Ihr schon Kontakt mit neuen (interaktiven) Medien (Bildtelefon, Mailboxen)? Mit welchen, und was sind Eure pers”nlichen Eindrcke? 2. Welches sind die Auswirkungen (und Probleme) der Telekommunikation im Vergleich mit denen der Informationstechnologie im allgemeinen? Haben diese berhaupt etwas miteinader zu tun? 7.1.1989, Stefan Marti €˛x˙s;ośl i9fRa^-[X Xj S" P@@@B@@@B@A(A(@ " ; xâ u$ rŃoŮl9iYfšcą`ţ] XGU•RB@@@B@B@B@B@B •żxŃs˙pLm”jŽgîd_w\ĐWA#T#O•R@@@@@@B@B@@@ #ý$x%u/(r8(oI)lJ)˙˙0*i~*dś,aš,^.[.X…/U@@B@B@@@@B@B@ …/Œ/v0s0p˙0mI)lJ)˙˙0*i~*dś,aš,^.[.X…/U@@B@B@@@@B@@€—x°x˛xxx9x;xrxtxvxxvzsśs"ssĚs5s7s9sB<<<9öxřx xáxîx˘xT xV xX xß xá x’ x x' xhx×x$xťx˝xżx<żLxNxkxmxOxŕxăxĺxsxuxwxxxF"x=#x?#xA#xŇ#xÔ#x,$x<,$†$x"%x„%x$&xt&x‰&x˛&xé&x}'xL(xG)xI)xś)xč)x,*x.*x0*xŘ*xÚ*xű,x<ű,á-xČ.x/xƒ/x…/xŽ/x/x0x!0xÜ0xŢ0˙˙ŕ0˙˙â0˙˙ä0˙˙ü0uţ0˙˙˙0˙˙1˙˙Ú*xű,<<ŇUCƒ.˙˙ŠA8n§%@0-6€0˙˙˙˙  eĘ(